Werkbeschreibung
Trichotomie und Geometrie
„In ihren Ägyptischen Triptychen setzt Brigitte Binzer-Zitouni ihr subjektives Erleben bei ihren Reisen zu den Altägyptischen Kulturstätten in eine eigene, von ihr formulierte und weiterentwickelte rationale wie zugleich sinnliche systematische Bildsprache um – der Spannungsbogen zwischen einerseits analytischer Rationalität und vornehmlich durch Farben artikulierter Sinnlichkeit andererseits macht einen Teil der Faszination aus, der sich der Betrachter nicht entziehen kann. …
Wie selbstverständlich stellen sich dabei unsere Assoziationen an Pyramiden oder Säulenreihen ein, bilden doch jede der vier Seitenansichten einer Pyramide ein Dreieck, die Grundfläche eines solchen Bauwerks ein Quadrat. …
Brigitte Binzer-Zitouni komponiert ihre Triptychen als drei jeweils unmittelbar aneinander stoßende Bildtafeln. Schauen wir sie uns im einzelnen genauer an, stellen wir fest, dass jede Einzeltafel als eine eigenständige Arbeit auch für sich selbst stehen könnte. Alle drei Bildtafeln sind (entgegen frühen Triptychen der Künstlerin) gleichformatig, kaum nur könnte man einen motivischen Schwerpunkt in der Mitteltafel ausmachen. Die Künstlerin verlässt damit bewusst die erzählerische Leserichtung mittelalterlicher Altartriptychen und komponiert die Tafeln bei all deren möglicher Eigenständigkeit zu einer geometrisch-abstrakten Gesamtheit. Bemerkenswert, wie sie bei dieser Komposition stets ein untereinander Austarieren, eine ausgewogene Balance aller bildgestaltenden Elemente erreicht.“
Erhard Metz, Frankfurt am Main, Online-Magazin Feuilleton Frankfurt, 9. März 2018 | www.feuilletonfrankfurt.de
„Abstraktion und Konkretion – Das Werk von Brigitte Binzer-Zitouni lässt sich mit den beiden Begriffen „konkret“ und „abstrakt“ umschreiben.
Die Künstlerin, die in Kronberg bei Frankfurt am Main lebt, folgt in ihren Arbeiten einer Kunstrichtung, die vom gegenständlichen absieht, rein begrifflich sich darstellt. Aus Quadraten, Dreiecken, Rechtecken und Streifen, die mit Gebilden von Ebene und Raum Ausdruck und Ordnung finden, entstehen verschiedenste Möglichkeiten der Flächenaufteilung in geometrischer Sichtweise. Sie lassen sich in eine immer andere Reihenfolge bringen, in dichter Hängung auch zu einem kleinen Tableau. Die Kompositionen werden konkret, wenn deren bildnerische Elemente sich selbst bedeuten wollen als etwas anschaulich Gegebenes, erklärt im Einzelnen.
Die Eindrücke der Künstlerin von ihren Aufenthalten in Tunesien zeigen sich deutlich in den neu entstandenen Werkgruppen. Sie werden unter anderen von den Farben Türkis, Weiß, Blau getragen, Tunesien charakterisierend. Linien und strahlende Farben sind von einer bemerkenswerten Eindringlichkeit, die lebendig und klar Kunst entstehen lässt statt sie nur auszuüben.“
Dr. Viola Hildebrand-Schat, Kunsthistorisches Institut der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main, 2009
„Macht man sich die formalen und konzeptuellen Zusammenhänge klar, wird deutlich, dass es Brigitte Binzer um ein strenges, in sich ausgewogenes Bildgerüst geht. Jedes Element hat seine Berechtigung und nimmt Bezug zu den anderen Formen. Nichts wird dem Zufälligen überlassen oder erscheint willkürlich. Der analytische Vorgang des Bildschaffens steht im Vordergrund. Dabei entwickelte die Künstlerin im Laufe der Zeit eine Formensprache, die um Objektivität, Klarheit und Sachlichkeit bemüht ist. Die Strenge und Disziplin von Brigitte Binzers Bildern wirkt konkret-konstruktiv, und sie knüpft damit an Positionen der geometrischen Abstraktion an.“
Aus „Farbformen auf Wanderschaft – gemalte Serien“, 2005, Dr. Edeltraut Fröhlich, M.A., Universität des dritten Lebensalters der Johann Wolfgang von Goethe Universität Frankfurt am Main
„Brigitte Binzer verzichtet in ihrer Malerei auf spielerische oder lediglich der reinen Ausschmückung dienenden Elemente. Der aufmerksame Betrachter spürt hinter aller Geometrie, den am Lineal gezogenen Geraden und exakt begrenzten Flächen der sich kühl konstruiert gebenden Kompositionen die gefühlsbetonte, ja leidenschaftliche innere Beteiligung der Künstlerin an ihrem Werk.“
Aus „Die Kunst des Denkens“ von Nikolaus Jungwirth, Frankfurter Rundschau vom 12.8.1996
„Das hervorstechende Merkmal der Triptychen Brigitte Binzers ist, dass die zahlenmäßig stark, auch noch um das Weiß reduzierten Farben nur in bestimmten Formen auftreten. Rot hat stets die Gestalt eines Quadrats, Blau ist nie anders denn als Dreieck geformt, und Gelb erscheint immer in gleichmäßigen Streifen. Nur die unbunte Farbe Schwarz ist „freier“. Sie füllt, sei es als Streifen, sei es in unregelmäßiger Form, die Flächen zwischen den Gestalten der anderen Farben.
Durch diese Formen sind zugleich Funktionen der Farben festgelegt. Rot und Blau, die ohnehin den stärksten räumlichen und den aggressivsten Farbe-an-sich-Kontrast des Spektrums bilden, sind formal zusätzlich als Spannungspole ausgewiesen. Gelb wird, indem es von Schwarz durchsetzt ist, als Farbwert geschwächt. Es dominiert der Formwert seiner Erscheinung, und so wird es je nach Ausrichtung der Streifung zum Bestandteil einer eher statischen (bei waagerechter sowie senkrechter Ordnung) oder (bei diagonaler Ordnung) einer eher dynamischen Flächeneinheit, die zwischen der Rot-Blau-Spannung vermittelt. Schwarz aber bildet durch sein Ausfüllen der übrigen Flächen nicht selten eine Art Klammer über die drei Bildtafeln hinweg.
Das gestalterische Vorgehen der Künstlerin beim Ausmalen der Farbflächen erfolgt in Etappen. Sie füllt die Flächen langsam durch das Aufstupsen eines dicken, runden, mit Farbe getränkten Pinsels – ein Vorgang, der Stunden dauert. Der Malgrund (dem die unterlegte Holzplatte Festigkeit gibt) liegt dabei auf dem Boden des Ateliers, die Malerin kniet davor und gibt sich dem gleichmäßigen Vorgehen hin. Die Flächengestaltung unterliegt während dieser meditativen Tätigkeit einer Eigendynamik. Das Ergebnis sind Farbfelder, die durch das Schwanken der Pigmentdichte in sich sanft bewegt scheinen. Neben die „harte“ Komposition der Flächen zueinander tritt so eine „weiche“ der Flächen selbst – ein struktureller Kontrast, der sich dem Betrachter unmittelbar mitteilt und zur ästhetischen Spannung der Werke beiträgt.
Aus „Brigitte Binzer. Triptychen. 1984-1992“, Dr. Thomas Röske, Frankfurt/Main,1992